
Kampf für die Grundrechte?
Gut, dass die Stadt Leonberg die Demonstration zugelassen hat. Nicht, weil ich die Zielsetzung der Veranstalter unterstütze, sondern weil alles andere Wasser auf die Mühlen derer wäre, die - auch nach den gestrigen, begrüßenswerten Anti-Rassismus-Demonstrationen - glauben, dass sie in ihrer (Meinungs-)Freiheit mut- und böswillig eingeschränkt würden. Zudem sollten wir in unserer Gesellschaft mehr miteinander sprechen und streiten, statt Feindbilder aufzubauen.
Im Gespräch mit einigen Demonstrantinnen und Demonstranten wurden berechtigte Ängste, bspw. um Arbeitsplätze, oder auch verständliche und nachvollziehbare Kritik an bestimmten Einschränkungen und Corona-Maßnahmen laut. Auch ich finde nicht alles richtig und meine, dass die Konsequenzen der Einschränkungen stärker in den Fokus rücken müssen. Gerade dort wo sie Leute treffen, die keine so große Lobby haben. Ich würde mir nur wünschen, dass die Leute, die alle derzeitigen Maßnahmen zur Einschränkung des Corona-Viruses in Frage stellen, auch sehen, dass erstens niemand hundertprozentig sagen kann, was die richtige Strategie im Umgang mit dem Virus ist. Und zweitens wäre es dann eigentlich auch angebracht, den einseitigen Studien, Zahlen, Argumenten und Behauptungen der Demo-Redner ebenso zu misstrauen. Der Eindruck, dass die Redner - die wohl sonst kaum Aufmerksamkeit bekommen - die aktuelle Situation geschickt für sich und dafür nutzen, ihre Bücher zu vermarkten, blieb bei mir leider haften. Mein Angebot, auf der Bühne auch einige Gegenargumente darzustellen oder auch von dort aus eine Diskussion zu führen, wurde von den Veranstaltern leider abgelehnt. Ebenso meine Frage, ob man denn nicht auf die Gruppe der anwesenden Kommunalpolitiker hinweisen möchte, die sicher für Diskussionen bereit gewesen wären. Meinungspluralismus also aktiv zu verhindern, gleichzeitig aber einseitige Darstellungen zu beklatschen und bspw. unsere (öffentlich rechtlichen) Medien, die heute wohl so vielfältig und differenziert sind, wie nie zuvor, pauschal abzuwerten, steht in einem krassen Widerspruch. Ich hoffe, dass heute in Leonberg einige Menschen erkannt haben, dass hier verquere Gedankenkonstrukte aufgebaut und berechtigte Ängste ausgenutzt werden. Damit geht viel Zeit und Energie dort verloren, die andernorts dringend gebraucht wird. Statt einseitige Meinungsmache zu hofieren, wären direkte Gespräche mit Andersdenkenden vielleicht zielführender. Viele Verantwortungsträgerinnen und -träger sind dafür sicher offen.